TOTENTANZ
Pierre de la Rue, Missa pro defunctis (Requiem)
Pierre Attaignant, aus dem Pariser Tanzbuch von 1530
Friedemann Stolte, Wo mag der Tod mein Herz lassen? (UA)
Friedemann Stolte, Mein Sterbelied (UA)
Hugo Distler, Totentanz
mit
Manja Wildenhain, Tanz und Sprecherin
zwei Bratschen, Violine, Flöte
Premiere am 24.4.04 in der Neuen Sächsischen Galerie Chemnitz
im Rahmen der Ausstellung: HAP Grieshaber, Totentanz
Ein Tanz aus dem Leben hinüber in den Tod, dessen Reich den Durchgang zur Auferstehung bildete. Diese christliche Vorstellungswelt des Mittelalters konnte das Sterben mit dem Motiv der festlichsten, weltlichen Ausgelassenheit verbinden – dem Tanz. Musikalisch greift das Konzertprogramm diese Motivik auf. Einzelne Abschnitte der Totenmesse Pierre de la Rues wechseln mit Tanzsätzen seiner Epoche – eine Aufführungspraxis, die durchaus üblich war in der Kultur des ausgehenden Mittelalters und der anbrechenden Renaissance.
Bereits im Mittelalter begannen jedoch wie im Lübecker Totentanz Angst und Bangen der Gerufenen wie auch Verurteilungen durch den Tod in die Dialoge einzuziehen. Hugo Distler hat zu Beginn des 20. Jh. diesen Dialogen Spruchverse aus dem Cherubinischen Wandersmann (1675) von Angelus Silesius (1624-77) zugesellt. 9. Spruch: „Das überlichte Licht schaut man in diesem Leben nicht anders, als wenn man schier ins Dunkle sich begeben.“ Die ausgelassenen Tanzsätze sind ersetzt von 12 Variationen für Flöte solo zum alten Volkslied „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“.
Die zwei zeitgenössischen Kompositionen Friedemann Stoltes (1998) auf Texte von Else Lasker-Schüler spiegeln die Sehnsucht, auch in weitgehend säkularisierten Weltbildern aus dem eigenen Leben etwas über die irdische Zeit zu bringen. Herz und Seele gleiten aus dem nächtlichen Erdendunkel ins Licht der ewigen Sterne. Naturmystik tritt an die Stelle der christlichen Heilsvorstellungen.